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Exklusivrecht auf nichts

Streaming läßt den Rubel rollen. Die Großen jubilieren, die Kleinen krepieren – und dürfen sich noch verhöhnen lassen. Ein Kommentar.

Wien (5. März 2020) – Während unabhängige Labels mit der Halbe-Halbe Teilung der Streamingeinnahmen kein Problem haben, wehren sich die Majors mit Händen und Füßen. Mit einem Umsatzplus von 33,5 Prozent auf 68,9 Millionen Euro wurde Streaming 2019 ihre mit Abstand größte Einnahmequelle am österreichischen Musikmarkt. Dietmar Lienbacher, Managing Director von Sony Music Austria kündigte an: »Wir werden weiter konsequent auf Innovation und Künstler-Aufbau setzen und können optimistisch in die Zukunft blicken.«

Aktueller Spielstand: 68,9 Millionen zu null

68,9 Millionen Euro für die Industrie, null für die Musiker. Das nennt man also Optimismus. Gottes Mühlen mahlen langsam. Der Gesetzgeber schaut [noch] zu.

Spotify 2017

Quelle: Music Business Research Days an der Wiener Musik-Universität mdw

Keinen Cent für die Musiker? Das kommentiert Ifpi-Präsident Lienbacher als »verkürzte Sichtweise«, denn die Studiomusiker würden seit jeher für ihre Mitwirkung bei der Aufnahme im Studio pauschal honoriert. »Ihr Honorar ist garantiert und unabhängig vom Verwertungsrisiko einer Aufnahme, das zur Gänze der Produzent tragen muß.« – [ev. Spenden bitte an den Verein Große Tonträgerhersteller in Not]

Tatsächlich sind Studiomusikerinnen und -musiker freischaffend unternehmerisch tätig, haben viele Jahre in ihre Ausbildung und große Summen in ihr Instrumentarium investiert. Ihre Mindestgagen sind keinesfalls garantiert, sondern werden immer wieder auf's Neue verhandelt. Demgegenüber ist Herr Präsident Lienbacher angestellter Geschäftsführer mit garantiertem Einkommen, sein unternehmerisches Risiko geht gegen null. Später kann er vielleicht sogar Staatsoperndirektor werden.

Absicherung durch Gewinnmaximierung

Wie um der angeblich drohenden Armutsfalle zu entgehen, haben sich die drei verbleibenden Großfirmen entschlossen, Streaming als Tonträgerverkauf zu betrachten. Streaming wäre die Erstverwertung der Aufnahme und nur ihre Vertragskünstler als Hauptinterpreten müßten am Umsatz beteiligt werden, behaupten die Major Labels. Alle anderen, also die [Neben]Interpreten könnten demzufolge mit der einmaligen Zahlung eines Studiohonorars abgegolten werden.

Das ist allerdings eine reine Behauptung, der wir widersprechen. Streaming ist alles andere als ein Tonträgerverkauf! Vielmehr handelt es sich dabei um eine neue Verwertungsform, bei der Musikaufnahmen zeitlich und örtlich beschränkt zur Verfügung gestellt werden. Der vermeintliche Käufer eines Tonträgers hat außer dem Handy nichts in der Hand, "seine" Musik kann jederzeit weg sein – auf Knopfdruck ins digitale Nirwana transferiert: Aus die Maus.

Rechtlich handelt es sich bei Streaming um eine typische Zweitverwertung, wie z. B. die Rundfunksendung. Daher fordern wir auch eine gesetzliche Regelung, die diesem Umstand Rechnung trägt. So wie Radiosender sollen auch Streaminganbieter und Internetprovider Lizenzen für die Nutzung gleichermaßen an Produzenten [Labels] wie an alle künstlerisch Mitwirkenden auszahlen. Die Verwertungsgesellschaft für Leistungsschutzrechte, LSG, kann gern das Inkasso übernehmen.

Jetzt geht's ans Zahlen

Daß Leistungsschutzrechte nicht gratis sind, versteht sich von selbst. Daß nach Alphabet [Google, Youtube usw.] nun auch Streamingdienste wie Spotify, Amazon und Deezer das Modell "Musikern zahlen wir nichts" propagieren, darf niemand wundern. Daß wir nicht auf unsere Rechte verzichten werden, ebenfalls. Denn das Recht auf eine angemessene und verhältnismäßige Vergütung ist in der neuen EU-Urheberrechtsrichtlinie verbrieft. Worauf wir gerne verzichten, sind irreführende Behauptungen des Ifpi-Päsidenten, der betont, Einnahmen aus Rundfunksendungen seien viel geringer, und nur Streaming ermögliche den Künstlern ein Exklusivrecht.

Ein Exklusivrecht auf nichts.

PS: Die Major Labels kriegen derzeit nicht nur das größte Stück vom Streamingkuchen, sondern sind dem Vernehmen nach auch an solchen Plattformen beteiligt. Doppelt hält besser. Noch Fragen?

pps

Zitate: Salzburger Nachrichten vom 18. Februar 2020

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