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Generalversammlung 2017

Am 29. September 2017 trafen sich Mitglieder der Musikergilde zur zehnten ordentlichen Generalversammlung. Was wirklich geschah.

Wien (5. Oktober 2017) - Mögest Du in interessanten Zeiten leben!, so lautet ein altes chinesisches Sprichwort. Diesbezüglich können wir uns nicht beklagen - auch wenn es sich bei dem Spruch eigentlich um einen Fluch handelt.

Tatsächlich beklagen wir uns auch nicht. Nur falsch Informierte verwechseln Interessenvertretung mit wehleidiger Jammerei. Wer selbstbewußt Forderungen erhebt, ist keineswegs ein mieselsüchtiger Versager. Das bestätigt die ungebrochene Anziehungskraft der Musikergilde, die heute mehr als dreitausend Musikerinnen und Musiker zu ihren Mitgliedern zählt. Nicht alle konnten an der zehnten Generalversammlung teilnehmen, die erneut im Roten Salon der OESTIG über die Bühne ging. Es waren allerdings genug anwesend, um eine ordentliche Versammlung - auch im Sinne des strengen Vereinsgesetzes - zu ermöglichen.

Generalversammlung 2017 Tagesordnung

SPÖ und ÖVP trotz Gesetzesbeschlusses nun gegen Festplattenabgabe

So titelte der Web-Standard am 25. September 2017 - und beförderte damit eine Initiative transnationaler Elektronikfirmen, die Politiker auf's Glatteis führen. Denn in Wirklichkeit will keine der beiden Regierungsparteien das mühsam durchgesetzte Gesetz aus dem Jahr 2015 infrage stellen. Bestärkt werden sie durch das positive Urteil des Obersten Gerichtshofs Anfang 2017. Darin erklärte der OGH die Einhebung einer Speichermedienvergütung für rechtens und die Verteilung der Gelder für EU-konform.

Nur, damit wollen sich Amazon & Co offensichtlich nicht abfinden - und erhalten von den Grünen, der FPÖ und den Neos Unterstützung, kolportiert der Web-Standard. Allein Peter "Liste" Pilz tritt für die derzeitige Abgeltung der Privatkopie ein, für ihn ist das "Internet kein rechtsfreier Raum".

Ein Luftballon fliegt, erzeugt aber keine Wellen

Stefan Wessel und Peter Paul Skrepek GV 2017

"Wir erleben eine PR-Kampagne, also gekaufte Berichterstattung, und das in einer vorgeblich liberalen, seriösen Tageszeitung, die sich dem Kampf gegen Fake news verschrieben hat", kommentierte Präsident Peter Paul Skrepek [im Bild rechts].

Forderung: Interpretenrechte auch im Internet

LSG-Lizenzen gibt es seit 1964 - für Rundfunksendungen. Wobei das Leistungsschutzrecht der Tonträgerhersteller direkt gilt, diese allerdings gesetzlich verpflichtet wurden, die Hälfte des kassierten Geldes an die Interpreten weiterzuleiten.

Auch im Online-Bereich gilt das Leistungsschutzrecht, de facto. Die großen Labels sind, wie man hört, sogar an Spotify beteiligt und leiten einen Teil ihrer daraus resultierenden Einkünfte an ihre "Vertragskünstler" weiter. Alle anderen Musikerinnen und Musiker, die an einer Aufnahme mitgewirkt haben, gehen hingegen leer aus. Für die Zweit- und Drittverwertung ihrer Leistungen im Internet bekommen sie keine Abgeltung. "Das wollen wir ändern und haben uns dazu der Initiative Fair Internet angeschlossen, die 500.000 ausübende Künstler in Brüssel vertritt", so Skrepek, der im gleichen Atemzug seiner Befürchtung Ausdruck verlieh, daß die EU-Kommission die für uns positiven Formulierungen des EU-Parlaments so weit verwässern werde, "daß am Schluß für die Interpreten wieder nichts übrig bleibt".

Generalversammlung 2017 Günther Wildner

Abrechnungen im Cent-Bereich

Bei den Urheberrechten funktioniert die kollektive Wahrnehmung jedoch bereits. Große Internet-Plattformen bezahlen - unbekannte Summen. Alles unterliegt der Geheimhaltung. "Die Verwertungsgesellschaften unterliegen dem gesetzlichen Transparenzgebot", erklärte Vorstandsmitglied Paul Hertel dazu. "Es wäre schön, wenn ihre internationalen Vertragspartner, wie zum Beispiel Youtube, dieser Verpflichtung ebenfalls unterlägen."

Unser Vorschlag: eine neue, europaweite Verwertungsgesellschaft

Eine einzige Verwertungsgesellschaft für ganz Europa! Das hat sich zumindest die Wettbewerbs-Direktion in Brüssel schon vor Jahren auf ihre Fahnen geschrieben, wenn auch aus ganz anderen Gründen. Was im differenzierten Aufführungsbereich, zum Beispiel bei Konzerten aber auch im Rundfunk, zu unserem Nachteil gereichen würde, könnte die Lösung im Online-Bereich sein: mit europaweiten Tarifen und Verteilung der Gelder nach dem Territorialprinzip.

Generalversammlung 2017 Stefan Wessel

"Ich war letzte Woche bei einer Podiumsdiskussion im Rahmen der Music Business Research Days, bei der unter anderem auch die Notwendigkeit der legislativen Regulierung im Bereich des Musikstreamings besprochen wurde", berichtete Stefan Wessel, Vizepräsident der Musikergilde [im Bild links]. "Eine Verwertungsgesellschaft für das gesamte Europa-Repertoire ist hier sicher die beste Lösung, die auch realistisch erreichbar wäre."

Stefan Wessel erläuterte dann die Wertschöpfungsverteilung aus einem € 9,99 Monats-Abonnement am Beispiel Spotify Frankreich: € 2,08 verbleiben Spotify, ein Euro geht an die Verwertungsgesellschaften der Urheber, € 1,67 sind Steuern an das Finanzamt, der Labelanteil liegt bei 5,24 Euro - 68 Cent davon erhalten die Vertragskünstler. Für die Studiomusiker im Hintergrund gibt es null Euro.

Die Ausgangslage ist klar: Einzelne, nationale Gesellschaften stehen der Marktmacht der Internetkonzerne gegenüber. Falls die EU nicht für einen gesetzlich geregelten Ausgleich sorgen kann, schlägt die Musikergilde eine Aktion aller Leistungsschutzgesellschaften vor: eine gemeinsame Plattform, die das gesamte europäische Musikangebot lizenziert und dementsprechend auftritt. Die Generalversammlung nahm diesen Antrag des Vorstands nach intensiver Diskussion einstimmig an. Wir werden weiter berichten.

Antrag: Neuer Mitgliedsbeitrag ab 2018: 36 Euro

Zuletzt haben wir den Mitgliedsbeitrag 2012 erhöht, damals von 30 auf 33 Euro. Im Hinblick auf den erforderlichen weiteren Ausbau unserer Beratungstätigkeit beschloß die Generalversammlung einstimmig den ab 2018 geltenden, neuen Jahresbeitrag von 36 Euro.

Aufnahme der neuen Mitglieder

Mit 5. Oktober 2017 sind 3141 Musikschaffende Mitglied der Musikergilde. Formell aufgenommen wurden alle seit der Generalversammlung 2014 neu Beigetretenen. Weiters beschloß das höchste Gremium die Verleihung von Ehrenmitgliedschaften an verstorbene Persönlichkeiten des heimischen Musiklebens, die Mitglied der Musikergilde waren. Zu Ehrenmitgliedern ernannte die Generalversammlung:

Liste der Ehrenmitglieder

Entlastung und Wahl des neuen Vorstands

Es folgte der Bericht der Rechnungsprüfer. Dr. Klaus-Peter Schrammel [im Bild unten] trug das Ergebnis der Buchhaltungsüberprüfung vor: "Die Unterlagen zeigen bei stichprobenartiger Kontrolle eine bemerkenswerte Detailtreue. So hat unser Präsident, um nur ein Beispiel zu nennen, am 23. Juni 2017 eine kleine Leuchtstoffröhre um 2,14 Euro gekauft. Es bleibt nichts im Dunkel, alles ist transparent. Somit erteile ich einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk und beantrage demgemäß die Entlastung des Vorstands." – Die Generalversammlung nahm seinen Vorschlag einstimmig an.

Generalversammlung 2017 Klaus-Peter Schrammel

Vor der Wahl des neuen Vorstands dankte Peter Paul Skrepek dem aus persönlichen Gründen kurzfristig nicht mehr kandidierenden Vorstandsmitglied Claudia K. Gangl für ihren langjährigen Einsatz - auch in den Gremien des Künstlersozialversicherungs-Fonds. Als ihren Nachfolger schlug der Vorstand den Sänger und Schlagzeuger Martin Böhm vor. Die Generalversammlung sprach dem solchermaßen wieder kompletten Vorstand einstimmig das Vertrauen aus. Als Rechnungsprüfer wurden erneut Mag. Wolfgang Steirer und Dr. Klaus-Peter Schrammel bestellt. Alle nahmen die Wahl an.

U-Bahn Stars - ein Zukunftsmodell für alle?

Das Sommerthema 2017 durfte natürlich nicht fehlen. Beschlüsse faßte die Versammlung dazu nicht. Wir haben unsere in dieser Causa aktiven Mitglieder Sandra Rose und Alex Yoshii nach Kräften unterstützt, allein war das Echo trotz massiver Betonwände leise. Einige wollen anscheinend unbedingt U-Bahn Stars werden und lassen sich durch Knebelverträge nicht daran hindern. Mit der Marketingabteilung der Wiener Verkehrsbetriebe über faire Rechteabgeltungen zu diskutieren, gemahnt an einen intellektuellen Kreisverkehr - ohne Ausfahrt.

Angeblich bereitet sich auch das reguläre U-Bahn-Personal bereits auf die neuen Verhältnisse vor. Schon demnächst werden gratis arbeitende Fahrer ihren Zug auf Automatik schalten, um mit dem Hut singend und tanzend durch die U-Bahn Wagone zu ziehen. Sie verstehen ihre Auftritte als Chance, einem breiteren Publikum bekannt zu werden, wie aus gut ausgerichteten Kreisen verlautet.

Generalversammlung 2017 Hans Hartel

PS: Die - humoristische - Debatte über seinen Ausschluß wegen massiver, heimlicher Fehlsichtigkeit (!) beendete unser langjähriges Mitglied Hans Hartel alias Jonny Blue [in der Bildmitte] elegant, indem er Präsident Skrepek [dem bei Versammlungen immer wieder Kugelschreiber abhandenzukommen pflegen] einen sehr schönen, weißen AK-Kugelschreiber als Geschenk überreichte. Niemand wurde ausgeschlossen. Herzlichen Dank! pps

Fotos: Raphael Skrepek


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