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Falsch verbunden oder nur verwählt?

Welchen Stellenwert hat die Musik, speziell die aus Österreich, bei der österreichischen Politik? Diese Frage richtete unser Mitglied Johann Schwarzinger an die Parteien.

Sehr geehrte Damen und Herren!
Es wäre interessant, was die wahlwerbenden Parteien zur Situation der österreichischen Musikschaffenden zu sagen haben. Was wissen sie darüber, und was gedenken sie zu deren Verbesserung beizutragen?

Im Jahr 2012 flossen z.B. beim "öffentlich-rechtlichen" Ö3 insgesamt 92,49 Prozent der Tantiemen aus Österreich hinaus! Es gehen hier Jahr für Jahr immer mehr Arbeitsplätze einer ganzen Branche verloren. Der Verlust an lokaler Wertschöpfung betrifft ja neben den Musikern selbst auch Studios, Händler, Ton- und Lichttechniker, Grafiker, Videofirmen, Veranstalter u.v.m.

Hier wird nicht nur ein kultureller, sondern auch ein wirtschaftlicher Schaden für Österreich in Kauf genommen.

Hier die Antworten:

Die SPÖ will keine gesetzliche Quote, weil die freiwillige Selbstverpflichtung des ORF ohnehin erfolgreich sei. Außerdem entspricht eine Quote für nationale Produktionen nicht dem EU-Recht, meint die SPÖ. „Eine Herkunftslandförderung ist aus europarechtlichen Gründen nicht möglich, denn eine Quote für einheimische Musikschaffende, die auf Herkunftsland abstellt, ist unter Berücksichtigung des Gemeinschaftsrechts (Art 28 EGV) unzulässig”, antwortet Kultursprecherin Sonja Ablinger.

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Kulturministerin Claudia Schmied hat sich wiederholt klar für eine Festplattenabgabe ausgesprochen, Sonja Ablinger hingegen lehnte die Gesetzesnovelle, deren Hauptstück diese Vergütung ist, ab. Ablinger machte die Zustimmung der SPÖ zur anstehenden Novelle des Urheberrechtsgesetzes von der Einführung eines Urhebervertragsrechts abhängig – dessen Einführung in den letzten Jahren bereits mehrmals am Parlament gescheitert ist.


Justizministerin Beatrix Karl und Kultursprecherin Silvia Grünberger treten für die Speichermedienvergütung [Festplattenabgabe] ein.

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Grünberger hält es „für wünschenswert, ein Instrument zur Standortförderung für die Musikbranche ähnlich FISA [Filmstandort Austria] zu implementieren”. Sie spricht sich für eine bessere Dotierung des Musikfonds aus – vor allem in Richtung der Exportförderung. Weiters unterstützt sie auch unsere Forderung nach mehr Musik aus Österreich.

ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf lehnt jedoch gesetzliche Quoten als Eingriff in die Wirtschaft ab. Divergierende Ansichten kommen auch in den Antworten der jeweiligen Sekretariate zum Ausdruck, beispielsweise wenn Johann Schwarzinger empfohlen wird, sich bezüglich der Quotenfrage auch an die Vertreter der Musikindustrie zu wenden.


„Sie sprechen ein berechtigtes Anliegen an“, antwortet Thomas Thayenthal vom Bürgerbüro Strache, „das der öffentlich-rechtliche ORF offenbar bewußt ignoriert: Vor allem in seinem Hörfunk-Programm Ö3 sendet er fast ausschließlich Werke ausländischer Künstler und weigert sich, selbst eine noch so geringe Quote inländischen Kunstschaffenden vorzubehalten.“

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Sollte die FPÖ an Mandaten zulegen, werde sie sich besser für die österreichischen Musikschaffenden einsetzen können und „das ORF-Gesetz dahingehend abändern", so Thayenthal.

Kunst darf nicht staatlich instrumentalisiert werden, sie ist Selbstzweck. Die FPÖ wendet sich gegen das „Staatskünstlertum“. „Über die Steuerungsmechanismen der Subventionsgewährung, Kunstförderung und der Ankaufspolitik werden Künstler gegängelt und politisch instrumentalisiert. Dies hat eine speziell in Österreich herausgebildete Form des Staatskünstlertums zur Folge. Dadurch wird die Freiheit der Kunst wie des Kunstgenusses schwerwiegend eingeschränkt.“


Thomas Geldmacher, Kulturpolitischer Referent der Grünen, antwortet auf die Quotenfrage: „Die Vereinbarung zwischen ORF und den wesentlichen Musik-Interessenvertretungen des Landes betreffend die Erhöhung des Österreichische-Musik-Volumens im Radio wurde erst Anfang 2013 bis ins Jahr 2014 verlängert. Dann werden wir wissen, ob der ORF tatsächlich den durchschnittlichen Anteil heimischer Tonproduktion auf 33 % erhöht hat. In Radio Wien scheint dies bereits der Fall zu sein, aber genaue Zahlen liegen mir nicht vor.

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Sollte eine Evaluierung 2014 ergeben, daß der ORF seiner Selbstverpflichtung nicht ausreichend nachgekommen ist, werden wir uns was einfallen lassen müssen.“ Auf Nachfrage bemerkt Geldmacher, es gäbe ein Definitionsproblem, was denn österreichische Musik sei, stellt aber auch fest: „Ohne Zweifel leisten aber Ö3 und Radio Wien den größten Widerstand gegen die Selbstverpflichtung.”

Weiters fordern die Grünen: Verkürzung der Schutzdauer [Urheberrecht], Ausweitung der freien Werknutzung mit behördlich geregelter Zwangslizenz, Haushaltsabgabe statt Festplattenabgabe, Einführung eines Urhebervertragsrechts und ein Mindesteinkommen [€ 1.500 monatlich] für Kunstschaffende.


Für das Team Stronach „muß das kulturelle Angebot von einem entsprechenden Eigenfinanzierungsanteil getragen sein, der das Interesse der Bevölkerung widerspiegelt“. Das private Sponsoring muß aber noch viel mehr im Bewußtsein der Bevölkerung verankert werden.

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Pressereferentin Philippa Beck: „Die gezielte Förderung von hervorragenden österreichischen Nachwuchskünstlern heute ist die Gewährleistung einer erstklassigen Künstlerschar von morgen, die Österreichs Kultur in die Welt tragen wird. Ein gesunder Wettbewerb fördert die besten Leistungen zutage, die ihrer Bedeutung entsprechend zu würdigen sind. Künstler erfüllen über ihre Funktion als Kunstschaffende hinaus auch eine wichtige Funktion als Kulturbotschafter unseres Landes.”

Andererseits sagte Kultursprecher Stefan Markowitz kürzlich im Ö1-Mittagsjournal: „Wer als Künstler nach fünf Jahren noch immer keinen Erfolg vorweisen kann, sollte sich etwas überlegen.”


Das BZÖ spricht sich für eine Quotenregelung im öffentlich-rechtlichen Bereich nach französischem Vorbild aus. „Ich habe dazu auch einen eigenen Antrag im Parlament eingebracht, der aber von SPÖ, ÖVP und Grünen abgelehnt wurde”, antwortet Mediensprecher Stefan Petzner und ergänzt auf Nachfrage, die freiwillige Selbstverpflichtung des ORF sei „das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben steht”.

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Stefan Petzner hat angekündigt, sich aus der Politik zurückzuziehen und wird dem nächsten Parlament voraussichtlich nicht mehr angehören.


„Die Piratenpartei Österreichs verfolgt das Ziel, die Abhängigkeit Kulturschaffender von der Verwertungsindustrie zu mindern.”

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„Eine neu zu schaffende Beratungsstelle soll über alternative Vertriebs- und Vermarktungsmodelle informieren, bei der Umsetzung unterstützen (wozu auch die direkte Subventionierung von Maßnahmen wie Crowdfunding, Print-on-Demand o. Ä. zählen kann), Vorlagen für Verlagsverträge entwickeln und Kulturschaffenden in Verhandlungen mit kommerziellen Rechteverwertern kostenlos zur Seite stehen.”


„Vielen Dank für Ihre Frage, die mich persönlich als Musikstudent (im klassischen Bereich) auch sehr interessiert“, antwortet Clemens Böck für die NEOS.

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„Ich sehe das sehr kritisch, daß ein öffentlich-rechtlicher Sender eigentlich nur Mainstream-Kommerz macht und damit auch noch der eigenen Wirtschaft schadet. Soweit ich weiß, wird zwar seit längerem an einem Kulturprogramm [der NEOS, Anm. d. Red.] gearbeitet, aber es ist noch nicht fertig. Es gibt allerdings ein Medienpapier, in dem u .a. gefordert wird, ORF 1 ersatzlos zu streichen. Ob es über Ö3 auch schon Pläne gibt, weiß ich gerade nicht auswendig.“


Sigi Maron, Musiker und Kandidat für die KPÖ: „Eine gesetzliche Quotenregelung für Funk und TV ist unumgänglich, nicht nur für den öffentlichen Betreiber, sondern auch für die privaten Sender.

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Ein Mindestprozentsatz österreichischer Musik von 30%, wobei 20% davon in der Zeit zwischen 8 und 22 Uhr gesendet werden müssen, ist die einzige Möglichkeit sich gegen den unglaublichen Mainstreamdreck zu wehren. Wer die eigene Musik nicht hören kann, wird sie auch nie kennenlernen. Der ORF hat seinem Kulturauftrag nachzukommen und österreichischem Musikschaffen auch im Fernsehen eine Plattform zu bieten. Castingshows haben mit dem kulturellen Auftrag absolut nichts zu tun. Das überlasse man den privaten Müllsendern.

Hinsichtlich der Speichermedienvergütung wäre die einfachste Lösung, den Mehrwertsteuersatz um 1 Prozent zu erhöhen. Das tut niemand weh, und das Gejammer und Geseire von der unglaublichen Verteuerung würde sich in Luft auflösen. Dieses eine Prozent ist an die Verwertungsgesellschaften abzuführen. Die Verteilung muß aus einem Sockelbetrag für alle Veröffentlichungen [auch online] bestehen. Danach kann die eine Hälfte des verbleibenden Betrags prozentuell aufgeteilt werden, die andere Hälfte gehört wie bisher in den SKE-Fonds zur Förderung.

Ein gesetzliches Grundeinkommen würde auch die Situation der Musikschaffenden entspannen, daß dieses beim Erreichen einer Einkommensgrenze wegfällt, versteht sich von selbst.“



PS: Alle Stellungnahmen stammen aus den Parteizentralen bzw. von den Kultursprechern, mit denen wir in ständigem Kontakt stehen. Die Zitate sind Antworten auf den aktuellen Brief unseres Mitglieds Johann Schwarzinger. pps

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